In der politischen und verkehrswissenschaftlichen Diskussion gehören Fahrgemeinschaften längst zum intermodalen Baustein einer längerfristigen Sicherung der Gesamtmobilität. Auch große Verkehrsverbünde setzen inzwischen verstärkt auf die Einbindung internetbasierter Vermittlungssysteme zur Bildung von Fahrgemeinschaften, nicht zuletzt um ihr immer spärlicheres Angebot bei gleichzeitig steigenden Preisen vor allem in ländlichen Räumen für sich selbst werbewirksam auszugleichen.
Noch vor wenigen Jahren ging es ÖPNV-Anbietern ausschließlich darum vor allem das Millionenheer der Berufspendler durch immer neue Kampagnen in Busse und Bahnen zu locken. Unterdessen jedoch haben selbst lokale Verkehrsunternehmen längst die jeden Morgen kaum geöffneten Beifahrertüren der Berufspendler zum Ziel ihres Engagements erkoren und machen sich so zum scheinbar selbstlosen Organisator des privaten Verkehrs. Synergien mögen hier in der Tat nicht auszuschließen sein.
Anders die Privatwirtschaft. Hier setzen bis heute nur wenige Unternehmen darauf, die Bildung von Fahrgemeinschaften aktiv zu unterstützen. Dies verwundert, denn es geht hier um weit mehr als nur um einen Imagegewinn in Sachen Umwelt und Verkehr. Das volkswirtschaftliche Finanzpotential eines jeden einzelnen, das täglich sinnlos auf Deutschlands Straßen verpufft und nur die Taschen des Bundesfinanzministers und der Mineralölkonzerne füllt, ist gewaltig und verlangt dringend nach einer Umverteilung. Einige wenige Zahlen mögen dies verdeutlichen.
Laut Mikrozensus des statistischen Bundesamtes aus dem Jahre 2004 können von 35,7 Millionen Erwerbstätigen in Deutschland inzwischen 30,3 Millionen als Berufspendler bezeichnet werden, d.h. sie verlassen jeden Morgen auf dem Weg zur Arbeit ihren Wohnort. Nach derselben Statistik sind es 67 Prozent, also mehr als 20 Millionen Pendler, die hierzu den PKW nutzen. Nur knapp 3 Prozent dieser Automobilnutzer bezeichnen sich selbst als Mitfahrer. Dies bedeutet, dass der Besetzungsgrad im täglichen Berufspendlerverkehr pro PKW bei 1,04 Personen liegt. Mit anderen Worten, nur bei jedem 20. Berufspendler sitzt eine zweite Person mit im Auto. Ergänzt werden diese Fakten durch eine kürzlich veröffentlichte Studie der IW Consult GmbH, dass nämlich jeder PKW-Pendler in Deutschland pro Jahr im Durchschnitt 1.900 € aufwenden muss, um seinen Arbeitsplatz zu erreichen, häufig genug ein ganzes Monatsgehalt. Umgerechnet auf alle ergibt dies den gigantischen Betrag von 36.844.800.000 Euro, der nach dem Wegfall der Pendlerpauschale allein zu Lasten der Pendler selber geht.
Mit dieser Summe ist es jedoch nicht getan: Die in Folge eines erhöhten Verkehrsaufkommens verursachten täglich wiederkehrenden Staus auf deutschen Straßen verschulden einen zusätzlichen volkswirtschaftlichen Schaden in Milliardenhöhe. Neuste Angaben des Bundesverkehrsministeriums (Juli 2007) sprechen von jährlich zwölf Milliarden Euro verursacht durch Staus allein auf bundesdeutschen Autobahnen. Nur moderate Steigerungen hinzugerechnet ergibt sich hieraus ein jährliches Finanzvolumen von 50 Milliarden Euro.
Vermutlich erst in den nächsten Jahrzehnten sichtbar sind die Folgekosten, die unter anderem der durch erhöhten CO2 Ausstoß verursachte Klimawandel zur Folge haben wird. In den letzten Tagen vom Deutschen Institut für Wirtschaft noch einmal bestätigt, kommen allein auf Deutschland in den kommenden 50 Jahren volkswirtschaftliche Folgekosten von bis zu 800 Milliarden Euro zu.
Effiziente Vermittlungssysteme zur Bildung von Fahrgemeinschaften, wie sie zum Beispiel bereits jetzt mit dem Internetservice www.pendlernetz.de existieren, bekannter zu machen und aktiv zu fördern, müsste daher auch für jedes verantwortungsbewusste Wirtschaftsunternehmen ein Gebot der Stunde sein. Sollte es so mittelfristig gelingen, dass zukünftig bereits in jedem zehnten PKW eines Berufspendlers eine zweite Person sitzt, so läge das Einsparvolumen bereits bei jährlich 5 Milliarden Euro. Eine nicht zu verachtende Summe Geldes von durchschnittlich 950 Euro pro Kopf, die sicher jeder mitfahrwillige Pendler lieber für den privaten Konsum als für seine beruflichen Mobilitätskosten ausgeben würde. Nutznießer hiervon wäre nicht zuletzt die deutsche Wirtschaft.